
Friedwald – Erfahrungsbericht
(Janina Lütke)
Gerne möchte ich meine bisherigen Erfahrungen mit dem wundervollen Konzept des FriedWaldes teilen. Es ist einer der wenigen Orte, an denen Leben und Tod, Trauer und Hoffnung, Verlust und Freude eng miteinander verbunden sind.
Letztes Jahr mussten wir leider einen meiner sowieso bereits wenigen Familienangehörigen beerdigen. Da meine Oma seit einigen Jahren im FriedWald ruhen darf, war es keine Frage; wir würden meinen Onkel auch dort beerdigen. Meine Eltern als auch ich haben bereits per Verfügung festgelegt, dass dies irgendwann mit uns allen passieren wird.
Man darf sich dort einen Baum aussuchen und je nach Art, Standort, Größe, o.ä. stellen sich die Kosten zusammen. Es gibt Einzel-, Mehrfach- und Familienbäume. Wir wählten letztes Jahr eine wunderschöne Buche, die ganz nah bei dem Ruheplatz meiner Oma liegt. Daher besuche ich jedes Mal, wenn ich den Wald betrete, beide meiner Lieben.
Man entscheidet sich beim ausgewählten Bestattungsinstitut für eine spezielle Urne, die für Baumbestattungen geeignet ist. Es gibt eine große Auswahl, keine Angst.
Wir wählten für meinen Onkel eine aus hellem Holz bestehende, runde Urne, da die Astronomie seine größte Leidenschaft war. Er selbst hatte absolut nichts verfügt, daher haben wir drei alles auf seine Interessen ausgelegt.
Wir trafen uns, als es dann so weit war, oben am Startpunkt beim FriedWald mit der Bestatterin – die auch die Försterin ist.
Die runde Holzurne meines Onkels durfte ich – ganz naturverbunden und familiär, wie unsere Beziehung war – dann selbst bis zum „Grab“ tragen. Ich hatte ihn fest in den Armen gehalten. Da spürte ich; wir werden uns nie wieder sehen, aber ich darf dich noch ein letztes Mal ganz nah bei mir haben. Der gesamte Weg bis zum Ende war dadurch sehr intensiv für mich und meine gesamte Gefühlswelt. Ich konnte für mich tief und innig bereits schon vor allen anderen meinen ganz eigenen Abschied nehmen.
Da wir die kurze „Beisetzung“ komplett selbst gestalten wollten, hielt sich die Försterin im Hintergrund. Man darf so gut wie alles tun, es gibt natürlich Rahmenbedingungen. Der beste Freund meines Onkels aus den U.S.A., auf Grund dessen Besuch wir Monate lang die Beisetzung nach hinten verschieben durften – und das ganz problemlos – hielt eine nostalgische Rede an dem kleinen ausgehobenen Erdloch. Daneben lag eine Baumstammscheibe, welche ganz natürlich mit einer Blüte und ein paar Blättern dekoriert war. Denn diese Scheibe wird nach der Beisetzung von der Försterin auf das Erdloch gelegt, um es vorerst zu verschließen.
Wir haben dann die Urne zusammen in das Loch herabgelassen. Danach konnten wir weiterverfahren, wie wir wollten; ein anderer Kinderfreund meines Onkels spielte mit seinem Fagott ein wundervolles Stück – mitten im Wald. Wo darf man so etwas sonst? Es war nicht sehr laut, der Wald hatte das meiste der Musik verschluckt, uns aber nicht geklaut.
Dies war wunderschön, sehr emotional und alles war so nah miteinander verbunden.
Im Anschluss spielten wir leise im Hintergrund einfach ein paar Lieblingssongs meines Onkels ab. Alles erlaubt und gar kein Problem. Eine ganz besondere Art von „Trauermusik“.
Mit den nackten Händen konnten wir die Erde hineinriesen lassen, die extra vorher aufgeschüttet wurde. Das kann man gestalten, wie man möchte. Hier wird einem Nichts vorgeschrieben und eine Beisetzung im FriedWald bzw. in einem Waldfriedhof ist unabhängig jeder Religion oder jedes Glaubens. Diese Dinge spielen hier absolut keine Rolle – wir durften uns verabschieden, wie es sich für uns als Hinterbliebene am schönsten angefühlt hat und alles mit Blick auf „Was hätte er gewollt?“.
Als wir unsere kleine Runde um die Buche herum aufgelöst hatten, kam die Försterin und „übernahm“. Im Anschluss liefen wir alle gemeinsam, nachdem wir natürlich meine Oma noch einmal besucht hatten, einen wunderschönen und friedvollen Waldweg wieder zurück.
Man kann auf das kleine schwarze Schild, das am Baum hängt, schreiben lassen, was man möchte. Name, Geburts- und Sterbedatum, nur den Namen, oder einfach gar nichts und anonym bleiben. Das ist ganz individuell und formt damit ein leicht durcheinander wirkendes aber natürliches Bild. Bei meinem Onkel stand dort so gut wie nichts drauf. So minimalistisch, wie er eben war. Kein Geburts- oder Sterbedatum, nur sein Erkennungszeichen: 2 Buchstaben, sein Rufname.
Auf jedem „Grab“ wird dann ein neuer Baum gepflanzt. Jedes Mal, wenn man seine Lieben besucht, sieht nicht nur der Wald immer ein klein wenig anders aus, sondern das Bäumchen ist ein weiteres Stück gewachsen.
Es ist so schön zu sehen, wie genau hier eben Leben und Tod Eins sind.
Diese Bäumchen wachsen dann dort so lange, bis sie verpflanzt werden können, um an einer anderen Stelle ein weiteres „Baumgrab“ zu sein, da der Wald auch erweitert wird.
Dies dauert aber viele Jahre und so lange kann man zuschauen, wie aus dem Tod wieder neues Leben entsteht und gedeiht.
Manchmal verläuft man sich eventuell beim nächsten Besuch, denn der Wald steht
nie still. Am besten legt man sich tatsächlich „Anhaltspunkte“.
Es gibt einen Andachtsplatz, mehrere Sitzbänke, wunderschöne Ausblickmöglichkeiten. Familien wandern durch und es ist Leben an diesem Ort. Es ist dadurch eine reine Harmonie, keine Trauer kann dies zerstören. Hier freut man sich aus tiefstem Herzen, dass die Seelen seiner Lieben an Orten wie diesen für immer ihren Frieden finden dürfen.
Gibt es einen schöneren letzten Ruheplatz?
FriedWald – Erfahrungsbericht – download pdf
Der Name „FriedWald“ ist ein eingetragener Name, daher dürfte dieser nur genutzt werden, wenn man sich exakt dieses Konzept aneignen würde. Deshalb reden wir in Bezug auf eine eventuelle Einführung solch eines Bestattungskonzeptes in unserer Marktgemeinde grundsätzlich nur über einen sogenannten „Waldfriedhof“.